Kein einziges Wort
Es reicht nicht, sich auf das unfassbare Bild der Verkommenheit und des Zerfalls zu beschränken, das Trump als Person abgibt. Es ist billig und blind. In den USA ist eine ernste, reale, gezielte antidemokratische Machtergreifung im Gange. Aber eine albtraumhaft leichte, spielend leichte, geschenkte, nahezu widerstandslose. Eine Machtergreifung ohne Machtkampf, nur mit Publikum. Der reine Durchmarsch. Die besten Beiträge dazu (wie etwa die von Mark Lilla oder George Packer) sprechen genau das auch an und versuchen es aus der jüngsten Zeitgeschichte des Landes herzuleiten. Als eine sich schon seit mehr als zwei Jahrzehnten abzeichnende Fehlorientierung. Als kulturellen Exodus der Partei aus der breiten amerikanischen Gesellschaft mit ihren elementaren Lebensinteressen. Da gehe es nach wie vor um Arbeitsplätze, Lebensstandard und soziale Gerechtigkeit, und nicht um „Identität“, „Diversität“, also die Rechte von Minderheiten.
Der Laie jedenfalls fragt sich verwirrt bis entsetzt: Wo ist denn die Demokratische Partei hin? Gibt es sie überhaupt noch? Als politische Kraft, als politischen Gestaltungswillen, als Machtfaktor? Nicht nur bloß als Apparat, geheiligte Institution, traditionsreiche Gemeinschaft, kollektive Erinnerung, als Mythos? Es gab sie doch mal! Wann und wo wäre sie zuletzt gesichtet worden?
Bricht dieser unsägliche, auch international untragbare Zustand des Erlöschens, Versackens, der politischen Apathie und Selbstausschaltung – den wir als Deutsche für das eigene Land bestens kennen, den wir uns aber gerade für Amerika,“ unser Amerika“, niemals hätten vorstellen können – jetzt in Kalifornien auf? Als ich zu meiner Zeit, 1971 als Stipendiat an der Brown University in Providence, R.I., einen amerikanischen Kollegen fragte, warum er denn von seiner tollen Uni unbedingt dorthin wolle – ich glaube, nach Los Angeles, wo ich bis heute noch nie war – antwortete der mir nur lächelnd: „Das müssen Sie verstehen: In Kalifornien fällt kein einziges entmutigendes Wort.“