Black Week

Peter Conzelmann

Einer der nervigsten Anglizismen der letzten Jahre ist der sogenannte „Black Friday“, mittlerweile auch in der aufgepimpten Version der „Black Week“ bekannt. Dahinter verbirgt sich der US-amerikanische Brauch, sich unmittelbar nach dem Feiertag „Thanksgiving“ (Kenner von US-Serien und -Filmen wissen es: da hockt die aus dem ganzen Land zusammengekommene Großfamilie am Tisch und verzehrt traditionell einen Truthahn) zum Sound von „Jingle Bells“ in die Weihnachtseinkäufe zu stürzen. Da Thanksgiving stets am vierten Donnerstag des Monats November – dieses Jahr also am 27.11. – stattfindet, ist der anschließende Freitag ein klassischer Brückentag zum anschließenden Familienwochenende und somit der Tag, an dem es losgehen kann. Glücklicherweise ist in den USA der Sonntag grundsätzlich verkaufsoffen, somit sind drei Tage Non-Stop-Shopping drin!

Und damit der Kaufrausch auch richtig in Fahrt kommt, gibt es Sonderangebote und Rabattaktionen zuhauf. Auch in Deutschland, wo der Begriff „Sale“ schon lange das gute, alte deutsche Wortungetüm „Sommerschlussverkauf“ verdrängt hat, ist man begeistert auf den schwarzen Zug aufgesprungen. Kaum ist der ebenfalls aus den USA importierte „Halloween“-Spuk vorbei und sind die Grusel-Masken aus den Regalen geräumt, geht es auch hierzulande in die „Black Week“.

Wie schön für den stationären Einzelhandel und natürlich auch für die Online-Kaufhäuser von A wie Amazon bis Z wie Zalando, die sich auf dieses Datum hin mit Ware zum Schnäppchen-Preis eingedeckt haben. In den USA soll es Menschen geben, die schon nachts und bei eisigen Temperaturen vor den Konsumtempeln biwakieren, damit sie als Erste an die verbilligte Ware kommen. Kann bei uns auch noch geschehen.

Aber wieso „Black Friday“ bzw. “Black Week”?

Wikipedia bietet zwei etymologische Erklärungen:

„Der Name kann daher rühren, dass die Menschenmassen auf den Straßen und in den Einkaufszentren aus der Entfernung wie eine einzige schwarze Masse erscheinen. Dies könnte auch eine Anspielung auf das Chaos nach dem Börsencrash von 1929 sein, als viele Menschen ihre Ersparnisse in letzter Minute bei ihrer Bank abzuheben versuchten (bank run).“

Eine weitere Theorie ist die, dass an diesem umsatzstarken Tag die Händler die Chance haben, aus dem Minus herauszukommen – also statt roter Zahlen schwarze zu schreiben.“

Schwarz ist allerdings, jedenfalls im westlichen Kulturraum, auch die Farbe der Trauer. Insofern passen die Farbe und die Bezeichnung „Black Week“ auch zu der Tragödie, die gerade auf der weltpolitischen Bühne geboten wird. Und wie in den Welten des digitalen oder realen Kommerzes wird auch in diesem Schmierentheater gedealt und verhökert, was das Zeug hält.

Chefverkäufer Donald Trump stellt dabei alles an die Reste-Rampe, was er im Lager einer 250 Jahre alten Demokratie finden kann. Neben Moral, Gewissen und Anstand seines eigenen Landes stellt er außerdem die Zukunft der Ukraine und weiterer ost- und mitteleuropäischer Länder in die Auslage. Sein Unterhändler respektive Dealmaker Steve Witkoff zog zuvor mit wärmsten Worten und gleißenden Lockangeboten, genannt „Friedensplan“, die russische Kundschaft an, und die gesamte Moskauer Oligarchie macht sich nun große Hoffnungen, bald mit prall gefüllten Taschen nach Hause gehen zu können.

Die Europäer hingegen scheinen dazu verdammt, dem Spektakel nur zuzuschauen – wie der kleine Ladenbesitzer am Ende der Straße, der die neuen Gesetze des globalen Marktes immer noch nicht begriffen hat. Völkerrechtliche Regeln bleiben Ladenhüter, sie gehen nicht mal zum Schleuderpreis weg.

Diese „Black Week“ vom November 2025 wird, sollten die Europäer dem nicht noch Einhalt gebieten können, für das größtes weltpolitische Desaster seit dem Münchner Abkommen von 1938 stehen.


Abbildung: Română, Black Friday România

Autor: Tataraseni

Quelle/Link: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Black_Friday_Rom%C3%A2nia.jpg

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